Projekt
„Digitalisierung der Arbeitswelt – Konsequenzen für die Erwerbssituation von Frauen in ländlichen Räumen“
Den Abschlussbericht finden Sie
hier auf der Website des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft.
In Wirtschaft und Arbeitswelt vollziehen sich derzeit aufgrund der Digitalisierung tiefgreifende technische und soziale Wandlungen. Es entstehen nicht nur neue Geschäftsfelder, auch die Struktur und Organisation von Arbeit sowie die Anforderungen an die Beschäftigten verändern sich. Das reicht von der Tele- und Heimarbeit über eCommerce und Bewerben von Produkten in den Sozialen Medien über automatisierte Fertigungsprozesse bis hin zu selbst fahrenden Traktoren, Landmaschinen und Melkrobotern in der Landwirtschaft. Die „Kommunikation“ unter Maschinen und Anlagen macht dabei letztlich die neue Qualität und den Kern der technischen Seite der Digitalisierung aus.
Aus diesem Grund sollten die folgenden Fragestellungen in peripheren ländlichen Räumen untersucht werden:
Welche Chancen und Risiken ergeben sich aus der Digitalisierung für Frauen und Männer in ländlichen Regionen? Rollenzuschreibungen, Selbstbilder und Lebensentwürfe von Frauen, Männern und Familien wandeln sich parallel: Wie entwickelt sich aus diesen gesellschaftlichen Trends die Chancengerechtigkeit für beide Geschlechter in ländlichen Räumen? Kann der Digitalisierungsprozess bestehende Benachteiligungen von Frauen abbauen oder trägt er eher zur Etablierung neuer Ungleichheiten bei?
Die genannten Fragestellungen wurden von Januar 2016 bis Dezember 2018 von der Agrarsozialen Gesellschaft e.V. in Göttingen, der Hochschule Neubrandenburg und dem Institut für sozialökonomische Strukturanalysen (SÖSTRA) aus Berlin untersucht. Dies geschah in ausgewählten ländlich peripheren Regionen. Betrachtet wurden dabei die für die ländlichen Räume typischen Branchen Handel, Handwerk, Landwirtschaft, Tourismus und das verarbeitende Gewerbe. Wie an Hand sogenannter start up-Unternehmen zu beobachten war, entstehen im Rahmen der Digitalisierung viele neue Geschäftsideen. Die Entwicklung in diesem Segment verläuft sehr dynamisch. Es liegen keine fundierten Befunde dazu vor, in welcher Breite und Vielfalt diese „Pionierunternehmen“ in ländlichen Regionen vertreten sind und welche Entwicklungschancen sie dort haben.
Ziel war es, eine Einschätzung zum Voranschreiten und zu den Effekten der Digitalisierung in ländlichen Regionen, insbesondere aus der Geschlechterperspektive, vorzunehmen. Ergebnisse und Handlungsempfehlungen können im
Abschlussbericht auf der Website des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft eingesehen werden.
Die Untersuchungen beinhalten Schlussfolgerungen für:
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Politische Handlungsansätze zur chancen- und geschlechtergerechten Gestaltung des Digitalisierungsprozesses im ländlichen Raum
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Anregungen, wie der Digitalisierungsprozess perspektivisch für die Vermittlung von Bleibe-/ Rückkehrperspektiven in den Beruf vor allem für Frauen genutzt werden kann und die Attraktivität ländlicher Räume dadurch insbesondere für junge Familien erhöht werden kann.
Strategischer Partner war der Deutsche LandFrauenverband e.V.
Gefördert wurde das Projekt vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.
Teilprojekt I:
Handwerk und Handel
Im Teilprojekt I wurde von der Agrarsozialen Gesellschaft e.V. schwerpunktmäßig der Stand der Digitalisierung in den Bereichen Handwerk und Handel (inkl. Online-Handel) sowie die Auswirkungen auf (Frauen-) Arbeitsplätze untersucht. Untersuchungsregionen waren der Landkreis Lüchow-Dannenberg in Niedersachsen und der Landkreis Cham in Bayern.
Die überwiegende Anzahl der Betriebe im
Handwerk nutzte bereits neue Informations- und Kommunikationstechnologien (stationärer PC, Notebook, Smartphone, Tablet oder Server) im Geschäftsbetrieb. Im eigentlichen Produktionsprozess dagegen werden computergesteuerte Maschinen und Anlagen oder 3D-Drucker bisher nur in geringem Umfang eingesetzt. Je größer die Betriebe sind, umso höher ist der Einsatz digitaler Geräte und desto mehr Geräte werden gleichzeitig eingesetzt. Bei kleinen Handwerksbetrieben wie Fleischereien oder Bäckereien ist die Digitalisierung zzt. noch gering fortgeschritten. Inwiefern die Digitalisierung, insbesondere im Geschäftsbereich des Handwerks, Chancen für Frauenarbeitsplätze bietet, wurde im Rahmen des Projektes untersucht.
Der
Handel ist eine Branche mit vielen Frauenarbeitsplätzen, auch in Führungspositionen. Im Einzelhandel verändert sich die Situation zzt. dahingehend, dass Toplagen weiterhin eine hohe Anziehungskraft besitzen, während Mittellagen verstärkt unter Druck geraten. Außerhalb von Toplagen, besonders auch in (peripheren) ländlichen Räumen, scheint eine Kombination aus Off- und Online-Handel für die Zukunft richtungsweisend, denn viele Konsument/-innen kaufen schon heute zumindest bestimmte Produkte wie Bücher oder CDs gern im Internet.
Ansprechpartner-/innen der ASG:
Teilprojekt II:
Landwirtschaft und Tourismus
An der Hochschule Neubrandenburg wurden die Branchen Landwirtschaft und Tourismus untersucht. Die Untersuchungsregionen waren die Planungsregion Vorpommern, vor allem der Landkreis Vorpommern-Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern, und der Landkreis Cochem-Zell in Rheinland-Pfalz.
Die
Landwirtschaft übernimmt eine Vorreiterrolle im Digitalisierungsprozess. Moderne Acker- und Pflanzenbaugeräte kommen ohne GPS-Steuerung, automatischer Spurlenkung, N‑Sensoren usw. kaum noch aus. Auch in der Tierhaltung spielen Melkroboter und automatische Fütterungssysteme eine immer größere Rolle. Eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Pflege und Beruf sowie „Work-Life-Balance“ wäre somit denkbar. Wird die Landwirtschaft dadurch möglicherweise (wieder) attraktiver für gut ausgebildete Frauen? Inwieweit erhöht der Einsatz und die Verwendung modernster Technik die Attraktivität von landwirtschaftlichen Berufen und der Landwirtschaft in der Bevölkerung und bieten sich möglicherweise neue Berufsfelder?
Die
Tourismuswirtschaft im ländlichen Raum findet sich in der Erwerbstätigenstatistik in unterschiedlichen Branchen, wie z.B. Beherbergung und Gastronomie, aber auch das Baugewerbe und das Grundstücks- und Wohnungswesen. Regional ist die Bedeutung für die Wirtschaft in ländlichen Regionen erheblich. Mit der Digitalisierung verbinden sich u.a. neue Chancen in der Vermarktung von Angeboten. Räumliche Standortnachteile – gerade auch von kleinstrukturierten Anbietern in ländlichen Regionen – lassen sich verringern.
Ansprechpartner-/innen an der Hochschule Neubrandenburg:
Prof. Dr.
Theodor Fock
Fon (0395) 56 93 – 21 01
Fax (0395) 56 93 – 721 01
Email:
fock@hs-nb.de
Dipl.-Ing. agr.
Simone Witzel
Fon (0395) 56 93 – 23 04
Fax (0395) 56 93 – 723 04
Email:
witzel@hs-nb.de
Teilprojekt III:
Verarbeitendes Gewerbe
Das Institut SÖSTRA hat sich auf Untersuchungen zum Digitalisierungsprozess im produzierenden Gewerbe mit der Schwerpunktsetzung auf das
verarbeitende Gewerbe konzentriert. Dieser Wirtschaftsbereich umfasst eine Vielzahl an Industriebereichen wie den Maschinen- und Fahrzeugbau, die chemische und pharmazeutische Industrie, aber auch die Herstellung von Nahrungs- und Genussmitteln sowie von Holzwaren und Papier. Die Untersuchungsregion liegt im Landkreis Barnim in Brandenburg. Soweit es der Untersuchung dient, soll punktuell auch der Landkreis Uckermark einbezogen werden.
Laut aktuellen Untersuchungen stehen im Fokus von
Industrie 4.0 die Erfassung, Überwachung und Kontrolle von Prozessen und Produkten. Die Fehlerreduzierung hat gegenwärtig offenbar eine größere Relevanz als Fertigungsverfahren neu zu gestalten und zu optimieren. Transparenz und Kontrolle über Fertigungsprozesse zu gewinnen, stehen im zweiten Schritt an und im dritten das Erschließen des Optimierungs- und Effizienzpotenzials durch Digitalisierung. Wie sich die Situation in Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes im ländlichen Raum darstellt, ist jedoch bisher noch nicht erforscht. Vor allem ist nicht untersucht, welche Differenzierungen es diesbezüglich in der breiten Palette der Teilbranchen des verarbeitenden Gewerbes gibt und wie sich diese Entwicklungen aus der Geschlechterperspektive vollziehen.
Ansprechpartnerinnen bei SÖSTRA: